Zum Abschluss der Flugsaison haben wir nochmal ein kleines Abenteuer gewagt. Angefixt durch Berichte aus benachbarten Vereinen haben Nils und ich uns nochmal auf den Weg zum Flugplatz Mikoluvice des Aeroklub Jesenik in Tschechien gemacht, um das Fliegen in Leewellen auszuprobieren. Der Weg war uns ja bekannt, da wir dort bereits das Sommerlager dieses Jahr verbracht hatten. Der Verein veranstaltet jeden Herbst ein Wave Camp und stellt die Infrastruktur dafür bereit.
Leewellen entstehen bei bestimmten Windverhältnissen im Lee von Gebirgen und können Segelflugzeuge mehrere Tausend Meter hoch tragen. Das Altvatergebirge bei Jesenik bietet dafür beste Voraussetzungen. Hier entstehen Leewellen bei südlicher bis westlicher Windrichtung und können aufgrund der Ausdehnung der Sudeten auch zu größeren Streckenflügen genutzt werden. Hinzu kommt, das es ausgedehnte für den Segelflug reservierte Lufträume gibt, sodass man auch ohne Transponder große Strecken fliegen kann.
Also haben wir eine Sauerstoffanlage in den Duo Discus eingebaut, viel warme Kleidung eingepackt und uns auf den Weg gemacht. Bei der Ankunft war der Flugplatz kaum wiederzuerkennen, überall standen Anhänger oder aufgerüstete Flugzeuge. Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass hier was zu holen ist. Im Sommer sah das noch ganz anders aus. Da wir ein Zimmer im Vereinsheim reserviert hatten, konnten wir auch bald ins Bett gehen. Die nächsten zwei Tage verweigerte der Wind zunächst jegliche Wellenaktivität, so dass wir mit Fahrrädern zunächst die Außenlandewiese in Bukovice inspizierten. Da diese frisch mit Gülle eingedeckt war, hofften wir sie nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Weiter gings hoch zur Goldkoppe, leider ist der Aussichtsturm nur am Wochenende geöffnet, so dass uns die Aussicht verwehrt blieb. Die hatten wir dann aber am nächsten Tag bei einer Wanderung auf den Altvater. Der Blick abends in den Wetterbericht versprach, dass es am nächsten Morgen endlich mit dem Fliegen losgehen konnte.
Ein Einweisungsflug ist Pflicht, um von Mikoluvice aus im Wellenflugsektor fliegen zu dürfen. Am ersten Tag haben sich zum Glück Martin und David vom LSV Gifhorn angeboten, diesen mit uns zu machen. So teilten wir uns auf unseren Duo Discus und deren Arcus auf und konnten bei Sonnenschein, aber schwacher Welle reinschnuppern. Am nächsten Tag war deutlich mehr Feuchtigkeit und damit Bewölkung in der Luft, dafür war auch der Wind und damit die Welle deutlich stärker. Das hatte sich wohl herumgesprochen, sodass mit fast 60 Flugzeugen am Start entsprechend viel los war. Nach einem turbulenten Rodeo-Schlepp durch den Rotor sind wir in die zweite Welle eingestiegen und haben uns erstmal auf 3000m hochtragen lassen. Als Neulinge wollten wir auf jeden Fall genug Reserve haben um noch sicher zurück zum Platz zu kommen, falls der Sprung in die erste Welle nicht klappt . Der Sprung gelang aber problemlos und wir konnten in der ersten Welle auf 4700m steigen. Zwischen den Wolkenschichten sind wir dann abgeglitten und haben versucht, tragende Linien nach Nordwesten und Südosten zu finden. Für den ersten richtigen Tag war das schon sehr beeindruckend. Der nächste Tag war ebenfalls eher bewölkt, aber mit guten Windverhältnissen. Wir kletterten zunächst auf 6000m und haben uns dann auf den Weg nach Nordwesten zum Eulengebirge und darüber hinaus gemacht. Obwohl die Höhe ausgereicht hätte, haben wir uns aufgrund der Wolkensituation gegen einen Sprung ins Riesengebirge entschieden. Zurück im Altvatergebirge konnten wir unseren Höhenrekord nochmal auf 6500m steigern und sind am Ende des Tages 467km geflogen.
Auch die nächsten Tage sind wir geflogen, bei mal mehr, mal weniger ausgeprägter Welle. Jeden Tag bot sich ein anderes Wolkenbild und wir konnten stetig dazulernen. Am letzten Tag zeigte sich das Wetter nochmal von seiner besten Seite und wir konnten bei Sonnenschein und tollen Wolkenbildern vertikale und horizontale Kilometer sammeln. Mit dabei waren auch ein Team von der FTAG Esslingen und Akaflieg Stuttgart, auch jeweils mit einem Doppelsitzer. Am Tag vor der Abreise wurde dann mit unseren tschechischen Gastgebern Gulasch gegessen und das eine oder andere Pivo getrunken. Am nächsten Morgen ging es leicht verkatert und mit tollen Erinnerungen zurück nach Braunschweig.
Das Abenteuer Wellefliegen in Jesenik hat auf jedenfall unsere Erwartungen mehr als erfüllt und uns nochmal eine andere Seite des Segelfliegens gezeigt. In ruhiger Luft und toller Aussicht hoch in den Himmel zu steigen ist nochmal etwas anderes als das Fliegen bei Thermik in Deutschland. Wir haben viel gelernt, durch das praktische Fliegen und durch den Austausch mit den anderen Piloten. Durch das Fliegen im Doppelsitzer kann man sich auch gut abwechseln und ergänzen, was beim Einstieg ins Welle fliegen sicher von Vorteil ist. Nachdem wir dieses Jahr erste Erfahrungen in der Welle sammeln konnten, können wir beim nächsten mal vielleicht noch ein paar Streckenkilometer mehr sammeln. Der allergrößte Dank gilt dem Aeroklub Jesenik, die das ganze Abenteuer mit ihrem Einsatz erst möglich gemacht haben.